Fachexkursion des Bundes-Jungen Forums nach Stuttgart vom 24. bis 27. Oktober 2018
Ende Oktober fand die diesjährige Fachexkursion des Jungen Forums der DVWG nach Stuttgart statt, die sich aus einer Auftaktkonferenz am Mittwoch, zwei anschließenden Exkursionstagen und dem 20. Verkehrswissenschaftlichen Zukunftsforum sowie einer Bundesdelegiertenkonferenz am Samstag zusammengesetzt hat.
Gestärkt von einer typisch schwäbischen Maultaschensuppe begann am Mittwochmittag die Auftaktkonferenz in den Räumlichkeiten der Stuttgarter Straßenbahnen AG, indem die Arbeitsdirektorin Dr. Sabine Groner-Weber die SSB im Rahmen eines kurzen Vortrags vorgestellt hat. Hierbei ging sie besonders detailliert auf die innovativen Angebote des Unternehmens ein, mithilfe derer der SSB der Sprung ins digitale Zeitalter gelingen soll. Exemplarisch nannte sie einerseits die SSB BestPreis-App, bei der erst am Ende eines individuellen Abrechnungszeitraums den Nutzern von der App die günstigste Ticketkonstellation berechnet wird und andererseits das Angebot SSB Flex, das in Kooperation mit der Daimler-Tochter moovel Group GmbH betrieben wird. Es stellt ein flexibles Angebot im ÖPNV dar, bei dem die Fahrtwünsche von bis zu fünf Fahrgästen mithilfe der zugehörigen App gebündelt und anhand einer automatisch generierten Fahrtroute durchgeführt werden. Frau Dr. Groner-Weber hob hervor, dass SSB Flex bundesweit der erste On-Demand Service sei, der mit einer Liniengenehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz betrieben wird, und sieht in diesem Angebot ein gutes Instrument, um insbesondere zu Tagesrandzeiten schwächer besiedelte Gebiete an die Busse und Bahnen der SSB AG anzubinden. Darüber hinaus präsentierte die Arbeitsdirektorin auch die frisch gestartete Expressbuslinie X1 zwischen Bad Cannstatt und der Stuttgarter Innenstadt, die u. a. mittels einer eigenen 800 Meter langen Busspur die (zu) stark nachgefragten Stadtbahnlinien auf diesem Abschnitt entlasten soll.
An Frau Dr. Groner-Weber anschließend führte Monika Birnitzer, die früher selbst im JuFo-Bundesvorstand mitgewirkt hat und mittlerweile in der SSB-Marketingabteilung tätig ist, die Teilnehmenden in weitere Einzelheiten zur SSB ein.
Danach besichtigten wir die Hauptwerkstatt im sogenannten SSB-Zentrum und wurden dabei von Sebastian Lucke, Leiter der Fahrzeugtechnik, kompetent über relevante Einzelheiten informiert. Besonders detailliert stellte er uns die Generalsanierung der teilweise über 30 Jahre alten Stadtbahnfahrzeuge vor und bot auch Gelegenheit einige instandzusetzende Fahrzeuge zu betrachten.
Zurück im Konferenzraum angelangt stießen mit Volker Zahn, Thomas Knöller und Volker Heepen die Referenten für die am Nachmittag stattfindenden Vorträge dazu.
Herr Zahn, Abteilungsleiter Verkehr und Umwelt beim ADAC Württemberg e.V., präsentierte in seinem Vortrag zum Thema „Die zukünftige Ausgestaltung des Individualverkehrs in der Landeshauptstadt“ zunächst wichtige Ergebnisse des ADAC Monitors „Mobil in der Stadt“, in der Einwohner, Besucher und Pendler der 15 größten deutschen Städten zur örtlichen Mobilität untergliedert in die Bereiche MIV, ÖPNV, Fahrrad- und Fußgängerverkehr befragt worden sind. Erwartungsgemäß schlecht schnitt Stuttgart bei der Zufriedenheit mit dem motorisierten Individualverkehr ab. Um neben der Überlastung der Straßen auch die vieldiskutierte Luftqualität in der Stadt zu verbessern sowie den CO2-Ausstoß des MIV im Allgemeinen zu verringern, sind für Herrn Zahn mehrere Maßnahmen wichtig. Exemplarisch nannte er den Ausbau der batterie- und brennstoffzellenbasierten Mobilität, die Schaffung attraktiver Angebote im Umland zum räumlich frühzeitigen Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel sowie die Schaffung einer leistungsfähigen Stadtumfahrung.
Beim zweiten Vortrag wurde von Thomas Knöller, Abteilungsleiter Planung bei der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart GmbH (VVS), die Frage diskutiert, wie sich die steigenden Fahrgast- und Bevölkerungszahlen auf die perspektivische Entwicklung des regionalen ÖPNV auswirken würden. Herr Knöller wies die Zuhörer anfangs darauf hin, dass die vor rund zehn Jahren im Regionalverkehrsplan prognostizierte Stagnation der Bevölkerungszahlen nicht eingetreten sei und selbst die neuerliche Berechnung aus 2014, wonach die Bevölkerung bis 2025 um knapp fünf Prozent zunehmen würde, ebenfalls bereits überholt sei. Intensiviert wird der Effekt dieser unvorhergesehen starken Bevölkerungszunahme zudem durch eine kürzlich beschlossene Tarifzonenreform, bei der zum 1. April die bisher 52 Tarifzonen des VVS zu nur noch fünf Tarifringen zusammengefasst werden sollen. Hierdurch ergibt sich laut Herrn Knöller nicht nur eine deutliche Vereinfachung für den Fahrgast, sondern auch eine Preissenkung von bis zu 30% des ursprünglichen Fahrpreises in Abhängigkeit der Relation. Aufgrund der Langwierigkeit von Erweiterungen des Stadtbahn- und S-Bahn-Netzes sind für Herrn Knöller Kapazitätserweiterungen auf bestehenden Linien, bspw. durch den durchgehenden 15-Minuten-Takt der S-Bahnen ab 2020, oder die Schaffung zusätzlicher Busangebote als Reaktion auf die steigende Nachfrage wichtig. Mittelfristig erhofft er sich durch die Inbetriebnahme des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm eine signifikante Entlastung der S-Bahn-Linien, da ab diesem Zeitpunkt attraktive Direktverbindungen zwischen den großen Kreisstädten im Regionalbahnverkehr vorhanden sein würden.
Volker Heepen, Geschäftsführer der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH (NVBW), knüpfte im abschließenden Beitrag mit dem Titel „Potentiale und Herausforderungen für den Schienenverkehr mit Inbetriebnahme des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm“ unmittelbar an diese Thematik an und spezifizierte die Annahme der steigenden Fahrgastzahlen durch die S21-Inbetriebnahme mithilfe von Prognosewerten. So soll das Fahrgastaufkommen auf der Relation von Stuttgart nach Ulm/Friedrichshafen um rund 15%, nach Aalen/Crailsheim sowie Flughafen/Singen/Tübingen um circa 80% und nach Karlsruhe/Heilbronn sogar um knapp 190% steigen. Wie genau diese steigende Nachfrage jedoch bedient werden kann, konnte Herr Heepen mangels eines finalen Angebotskonzepts den Teilnehmern noch nicht präsentieren. Ursächlich hierfür ist insbesondere die Verzögerung der S21-Fertigstellung, voraussichtlich bis ins Jahr 2025. Da die Neubaustrecke zwischen Wendlingen und Ulm bereits im Jahr 2022 in Betrieb genommen können werden soll, stünden bei der NVBW derzeit Überlegungen für den Bahnbetrieb während der dreijährigen Übergangsphase an. In diesem Zusammenhang hob Herr Heepen positiv hervor, dass die im kommenden Jahr startenden Verkehrsverträge in den sogenannten Stuttgarter Netzen hinreichend flexibel angelegt worden seien, sodass die bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen jeweils bestellten Leistungen gemäß des Betriebskonzepts nach S21-Inbetriebnahme angepasst werden können.
Im Anschluss an die Auftaktkonferenz checkten die Teilnehmer in ihrer Unterkunft in Stuttgart-Bad Cannstatt ein und ließen den Abend am Institut für Eisenbahn- und Verkehrswesen (IEV) der Universität Stuttgart beim geselligen Pizzaessen ausklingen.
Nach der Auftaktkonferenz bei der Stuttgarter Straßenbahn AG (SSB) begann der zweite Exkursionstag mit dem wohl bekanntesten Bauprojekt in der schwäbischen Metropolregion, dem Bahnprojekt Stuttgart – Ulm.
Am Bahnhof angekommen, wurde die Gruppe von einem Mitarbeiter des „Turmforums“ begrüßt und zunächst durch die dortige Ausstellung geführt. Auf vier Ebenen werden hier umfangreiche Einblicke in das Bauprojekt ermöglicht. Neben einem großen Modell des neuen Bahnhofs, gibt es dort unter anderem ein auf dem Boden begehbares Luftbild der Stadt Stuttgart, auf welchem der neue Streckenverlauf dargestellt ist. Insgesamt umfasst das Projekt rund 57 neue Streckenkilometer, wobei etwa die Hälfte der Strecke in Tunneln verläuft.
Auf die Ausstellungsführung im Turmforum folgte eine Baustellenbesichtigung. Zu sehen bekamen die Teilnehmer nicht nur den neuen Bahnhof, sondern auch weitere Bauabschnitte im Stadtgebiet. Die Teilnehmer hatten Glück, da sie am Bahnhof eine der ersten sogenannten „Kelchstützen“ zu sehen bekamen. Diese sind das architektonisches Grundgerüst des neuen Bahnhofs und wohl Hauptgrund, weshalb der Architekt Christoph Ingehofen den Architektenwettbewerb für den neuen Bahnhof gewann.
Nach der Baustellenbesichtigung ging es direkt weiter zum Stuttgarter Flughafen. Eine über zwei Stunden lange Führung gab den Teilnehmern der Exkursion faszinierende Einblicke hinter die Kulissen des größten Flughafens in Baden-Württemberg. Wolfgang Müller, Bereichsleiter Verkehr und Mitglieder der Geschäftsführung, nahm sich persönlich die Zeit, die Gruppe durch den Flughafen zu führen. Der Rundgang führte die Teilnehmer durch die Halle der Betriebsfahrzeuge, die Verkehrszentrale, die Gepäckverteileranlage und das Terminal Operation Center (TOC). Die Führung verdeutlichte, was den Betrieb eines Flughafens so besonders macht. Dazu zählen unter anderem die hohen Sicherheitsauflagen, die stark schwankenden Passagierzahlen wie auch die geringe Zeitspanne, die für das Abfertigen der Flugzeuge vorgesehen ist.
Nach all diesen Eindrücken hatten die Teilnehmer der Fachexkursion die Möglichkeit an einem Freizeitprogramm teilzunehmen. Wer sich dafür entschied, konnte die Stuttgarter Standseilbahn kennenlernen und mit ihr die rund 540 m lange Strecke zum Stuttgarter Waldriedhof hinauffahren. Die Standseilbahn wurde im Jahr 1929 eröffnet, steht unter Denkmalschutz und wird heute noch weitestgehend im Originalzustand von der SSB betrieben. Das Freizeitprogramm endete hoch oben auf dem Stuttgarter Fernsehturm. Bei einem wunderbaren Ausblick genossen die Teilnehmer hier den Sonnenuntergang.
Der Tag endete im Veranstaltungszentrum der SSB. Hier wurden die Teilnehmer mit schwäbischer Küche verpflegt und konnten den Tag gemütlich ausklingen lassen.
Am dritten Exkursionstag war bei herrlichem Sonnenschein zunächst das S-Bahn-Betriebswerk Plochingen unser Ziel. Dort bekamen wir von Stefan Wagner, dem Leiter der Leitstelle die neue Leitstelle der S-Bahn Stuttgart gezeigt. Dort sind zum Jahresbeginn die bisherigen Leistungen der Transportleitung und der Leitstelle an einem Standort zusammengeführt worden. In dieser neuen Leistelle erfolgt die Koordinierung des Fahrzeug- und Personaleinsatzes sowie die Betriebssteuerung für die S-Bahn Stuttgart. Ebenso wird von dort aus die Fahrgastinformation in den Zügen und auf den Bahnhöfen koordiniert. Da die Mitarbeiter für diese Tätigkeiten alle in einem Großraumbüro zusammensitzen, erfolgt der Informationsaustausch auf kurzem Wege. Die Arbeit kann so effizienter als zuvor gestaltet werden.
Anschließend begrüßte uns der Vorsitzende der Geschäftsführung der S-Bahn Stuttgart GmbH, Dr. Dirk Rothenstein. Er erläuterte uns, dass die S-Bahn Stuttgart den 40. Geburtstag des Systems dazu nutzen will, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Prognosen gehen davon aus, dass die Einwohnerzahl in der Region Stuttgart von derzeit 2,8 Millionen in den nächsten Jahren noch einmal kräftig zunehmen wird. Dies wird entsprechende Folgen für den Verkehr haben. Eine Lösung gegen den Dauerstau sind aus seiner Sicht ergänzende Angebote rund um den ÖPNV, die mithilfe der Digitalisierung einfacher genutzt werden können. Mit CleverShuttle und dem RegioRad existieren bereits heute alltagstaugliche und zukunftsweisende Anschluss-Angebote, die unkompliziert über Apps buchbar sind.
Er hob auch eines der neuesten innovativen Projekte, die „Leuchtende Bahnsteigkante“ hervor. Hier blinkt es bunt auf dem Boden des Bahnsteiges am Gleis 2 des Bahnhofs Bad Cannstatt, wenn eine S-Bahn in Richtung Hauptbahnhof einfährt. Durch intuitiv verständliche Symbole wird auf der gesamten Bahnsteiglänge angezeigt, wie lang der Zug ist, wo er hält und wo sich freie Sitz- bzw. Stehplätze im Innern des Zuges befinden werden. Auf diese Weise sollen die Fahrgäste bereits vor Einfahrt des Zuges in Bereiche des Zuges mit freien Kapazitäten geleitet werden, um die Fahrgastwechselzeit signifikant reduzieren zu können.
Abschließend führt uns noch die Leiterin der Werkstatt, Juliane Walsemann, durch die Werkstatt und erläuterte uns die Abläufe der Wartung und Instandsetzung im Werk Plochingen.
Vom S-Bahn Betriebswerk Plochingen ging es dann mit dem Bus weiter nach Esslingen am Neckar zum städtischen Verkehrsbetrieb. Der Stadtverkehr Esslingen (SVE) betreibt dort als kommunaler Eigenbetrieb ein Oberleitungsbussystem (Obus) mit drei Linien. Dieses verkehrt dort seit 1944 und ist neben Solingen und Eberswalde einer von drei Obusbetrieben in Deutschland. Neben dem Esslinger Stadtgebiet werden dabei auch die Stuttgarter Stadtbezirke Hedelfingen und Obertürkheim bedient. Werkleiter Harald Boog stellte uns dort das Konzept des Hybrid-Obusses vor. Diese neuen Busse machen es seit 2015 möglich auch Streckenabschnitte ohne Oberleitung elektrisch zu betreiben. Darüber hinaus stellte er uns die Ausbaupläne des Esslinger Obussystems vor. Anschließend führte er uns noch über den Betriebshof und zeigte uns unter anderem einen historischen Obus, der derzeit für die Feierlichkeiten zum 75-jährigen Obus-Jubiläum im Jahr 2019 hergerichtet wird.
Nach dem Besuch des Verkehrsbetriebs bestand für die Teilnehmer die Möglichkeit sich bei strahlendem Sonnenschein Esslingens schöne Innenstadt anzuschauen oder einfach nur die Sonne beim Mittagessen zu genießen.
Nachdem alle die Freizeit in Esslingen genossen hatten, ging es dann mit dem Obus nach Obertürkheim, wo mit dem Hafen Stuttgart nach einem kurzen Fußmarsch der nächste Exkursionspunkt auf dem Programm stand. Herr Zeller und Herr Riegraf erwarteten uns dort für eine Hafenrundfahrt, auf der wir alle drei Hafenbecken des Stuttgarter Hafens bei immer noch herrlichem Sonnenschein gezeigt bekamen. Anschließend wurde uns noch das Unternehmen Hafen Stuttgart GmbH vorgestellt.
Der Hafen Stuttgart ist eine Beteiligungsgesellschaft der Landeshauptstadt Stuttgart in der Rechtsform einer GmbH. Die Hafengrundstücke, die Hafenbecken mit den Wasserflächen (außer der durchlaufenden Bundeswasserstraße Neckar) sowie die Hafenbahnanlagen sind im Eigentum der Hafen Stuttgart GmbH (HSG). Die HSG verwaltet die Hafengrundstücke, sorgt für Instandhaltung und Verkehrssicherheit der Kai- und Gleisanlagen und regelt deren Benutzung.
Dies war dann der letzte Exkursionspunkt am Freitag und es ging mit der Stadtbahn zum Restaurant „Wichtel Hausbrauerei“ in Stuttgart Feuerbach, wo die Teilnehmer den Abend bei selbstgebrautem Bier und Essen auf Einladung der Hafen Stuttgart GmbH ausklingen ließen.
Der letzte Exkursionstag setzte sich aus der Bundesdelegiertenkonferenz und dem Verkehrswissenschaftlichen Zukunftsforum des Jungen Forums zusammen und fand in den Räumen der Universität Stuttgart auf dem Campus Stadtmitte statt.
In der Bundesdelegiertenkonferenz begrüßte Nina von der Heiden, als stellvertretende Vorsitzende des Jungen Forums, altbekannte aber auch neue Sprecherinnen und Sprecher der Jungen Foren sowie weitere Mitglieder und Gäste. Insbesondere für die neuen Sprecher der Bezirksvereinigungen Berlin-Brandenburg, Oberrhein und Württemberg aber natürlich auch für alle anderen Teilnehmer erläuterte sie die Grundstrukturen der DVWG und des Jungen Forums und klärte über Rechte, wie z.B. die Delegiertenstimme bei der Bundesdelegiertenkonferenz der DVWG, und Aufgaben, wie z.B. die Informationsweitergabe von JuFo-Themen innerhalb der jeweiligen BV, auf. Zudem ist es geplant die Sprecherinnen und Sprecher besser zu informieren und zu vernetzen, z.B. im Rahmen von speziellen Sprecher-Treffen. Hierzu werden die Sprecherinnen und Sprecher demnächst vom JuFo-Vorstand angeschrieben.
Danach berichtete Nina von der Heiden von den bereits vergangenen Veranstaltungen des aktuellen und den geplanten Veranstaltungen und Aktivitäten des nächsten Jahres. Höhepunkt im nächsten Jahr wird sicherlich wieder die Fachexkursion sein, die vom 23.-26.10.2019 in Berlin stattfinden wird. Aber auch Exkursionen zum DACH-Kongress nach Dornbirn am Bodensee vom 25.-27.04.2019 und zum Jahresverkehrskongress der DVWG in Köln vom 27-29.06.2019 stehen für das nächste Jahr auf dem Programm.
Für die Vereinsarbeit ist noch ein weiterer Termin im nächsten Jahr von besonderer Bedeutung: bei der nächsten Bundesdelegiertenkonferenz des Jungen Forums am 06.04. in Nürnberg wird ein neuer JuFo-Vorstand gewählt, wobei der derzeitige Vorsitzende Nils-Friso Weber nicht erneut antreten wird. Am selben Tag wird auch das nächste Verkehrswissenschaftliche Zukunftsforum stattfinden. Da das Vorprogramm zum VWZF in Hamburg in diesem Jahr sehr gut angenommen wurde, wird es auch in Nürnberg am Freitagnachmittag ein kleines Programm, voraussichtlich mit einer Besichtigung der automatischen U-Bahn, geben.
Das an die Bundesdelegiertenkonferenz anschließende Verkehrswissenschaftliche Zukunftsforum begann mit einem Netzwerkgespräch mit dem Geschäftsführer der Hafen Stuttgart GmbH Carsten Strähle bevor nach der anschließenden Mittagspause zwei Vorträge von jungen Verkehrswissenschaftlern folgten.
Das Netzwerkgespräch wurde von Markus Tideman vom Vorstand des Jungen Forums moderiert. Hierbei wurde der Werdegang von Carsten Strähle, der nicht nur der Geschäftsführer des Hafens sondern gleichzeitig auch Geschäftsführer der Stuttgarter Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH und Vorstandsvorsitzender der Erms-Neckar-Bahn ist, umfassend beleuchtet. Vor allem Gründe für berufliche Entscheidungen und Tipps für die eigenen beruflichen Weichenstellungen der Teilnehmer standen hierbei im Vordergrund und machten das 90minütige Gespräch zu einer gleichermaßen informativen wie unterhaltsamen Veranstaltung.
Nach einem kleinen Imbiss mit Butterbrezeln und Schokocroissants stellte David Glaser von der Universität Stuttgart anschließend die Ergebnisse seiner Bachelorarbeit mit dem Titel „Ableitung des funktionalen Zusammenhangs zwischen Fahr- und Haltezeitzuschlägen und der Betriebsqualität auf eingleisigen Streckenabschnitten im SPNV“ vor.
Gerade im Stuttgarter S-Bahn-Netz gibt es mehrere eingleisige Abschnitte. Diese führen zu einer eingeschränkten Kapazität und Flexibilität und erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Verspätungen im Netz. Eine Möglichkeit um Verspätungen zu reduzieren können z.B. Fahr- und Haltezeitzuschläge sein. David Glaser beschäftigte sich mit der Fragestellung, wie groß solche Zuschläge sein müssen, damit eine vorgegebene Betriebsqualität erreicht wird und wie diese Zuschläge räumlich angeordnet werden sollten. Anhand von Betriebssimulationen der eingleisigen Strecke Flughafen/Messe – Filderstadt analysierte und beschrieb er den funktionalen Zusammenhang zwischen Zeitzuschlägen und Betriebsqualität. Mit dem sogenannten Zuschlags-Nutzen-Quotienten konnte so, erstmal nur für die betrachtete Strecke, ein Bereich des optimalen Zuschlags ermittelt werden. Der funktionale Ansatz und die entwickelte Methode sind prinzipiell aber auch für andere eingleisige Streckenabschnitte und Betriebsprogramme anwendbar.
Im zweiten Vortrag des Tages präsentierte Anton Heiß seine an der TU Berlin verfasste Masterarbeit mit dem Titel „Auswirkungen des autonomen Fahrens auf den Schülerverkehr im ländlichen Raum“. In mehreren Zukunftsszenarien untersuchte er, welche Chancen sich für den Schülerverkehr im ländlichen Raum durch das autonome Fahren ergeben könnten. Hierzu stellte er zunächst Grundlagen des Schülerverkehrs im ländlichen Raums und der Technologie des Autonomen Fahrens vor. Der Schülerverkehr ist im ländlichen Raum in der Regel der Rückhalt des öffentlichen Nahverkehrs und bestimmt mit extremen Spitzen am Morgen und am Nachmittag Nachfrage, Angebot und verfügbare Fahrzeugflotte. Die Anzahl der Schüler und Schulen ist aber stetig abnehmend. Aufgrund unterschiedlicher Start- und Endzeiten kommt es zu längeren Wartezeiten, wenn Schüler gemeinsam und somit wirtschaftlich transportiert werden sollen. Häufig müssen für einzelne Schüler, die an sehr entlegenen Orten wohnen große Umwege gefahren werden. Potentiale ergeben sich dementsprechend je nach genauer Struktur des Raums z.B. für autonome Zubringerverkehre zu einer konventionell betriebenen Hauptroute oder auch für einen kompletten Ersatz des herkömmlichen Schülerverkehrs durch autonome Shuttle. Insbesondere die derzeit noch bestehenden technischen Grenzen des autonomen Fahrens schränken die Potentiale allerdings ein. So könnten z.B. zunächst nur Fahrten auf extra ausgestatteten „Positivstrecken“ möglich sein. Auch die Frage, ab wann sich ein tatsächlicher finanzieller Nutzen beim Ersatz des konventionellen Schülerverkehrs einstellen würde, ist derzeit noch nicht absehbar.